« Strombedarf kennen und Anlage richtig dimensionieren »
Zelt, Schlafsack, Taschenlampe, Gaskartusche fürs Kochen: Selten fällt Camping so minimalistisch aus. Meist sind diverse Elektrogeräte an Bord, deren Stromverbrauch im Wohnmobil bekannt sein sollte. Ansonsten lässt sich die Versorgung kaum planen, wenn man autonom campen möchte. Wer seine Gewohnheiten unter die Lupe nimmt, wird doppelt belohnt: Neben der optimalen Energieversorgung finden sich Strategien, um die Stromkosten am Campingplatz zu minimieren.
Wenig hilfreich – Mittelwerte zum Stromverbrauch
In gängigen Ratgebern werden als durchschnittlicher Stromverbrauch im Wohnmobil meist 20 bis 30 Amperestunden (Ah) pro Tag veranschlagt. Klassische Fahrzeug-Batterien fürs Camping speichern rund 100 Ah. Scheint im Sommerurlaub unentwegt die Sonne, organisiert die passable Camping-Photovoltaik-Anlage circa 90 Ah täglich. Also kann man bequem einige Tage autonom campen, ohne sich Gedanken über die Stromversorgung zu machen. Nun ja, diese legere Strategie ist nicht zwingend zum Scheitern verurteilt, bleibt aber mutig. Denn so einfach ist die Sache leider nicht.
Der Stromverbrauch im Wohnmobil variiert tatsächlich stark und hängt von den alltäglichen Gewohnheiten genauso ab wie den Ansprüchen und der Ausstattung. Besonders intensiv knabbern am gespeicherte Vorrat einer Wohnmobil-Batterie:
- Kühlschrank,
- Klimaanlage,
- Heizung,
- Beleuchtung und
- Wechselrichter.
Unterschätzt werden oft die unterbewussten Handgriffe. Nutzen vier Familienmitglieder täglich ihre Smartphone-Ladegeräte, sind rund 4 Ah zu verbuchen. Eine Laptop-Ladung entspricht circa 4,5 Ah und zahlt sich länger aus, wenn man nur sporadisch die E-Mails checkt. Flink verpufft sie bei grafischen Anwendungen. Bemerkenswert durstig sind elektrische Kaffeemaschinen, die häufig 3 Ah pro zubereitete Tasse aus der Batterie saugen.
Praktisch, aber ähnlich vage – standardisierte Verbrauchsrechner
Ein durchschnittlicher Stromverbrauch im Wohnmobil, der allen Campingfreunden gerecht werden möchte, ist demnach mit Vorsicht zu geniessen. Wer sich darauf verlässt, wird beim Blick auf den Batteriecomputer häufig denken: Huch, jetzt wird es knapp und der Abend dank Kerzenschein romantisch. Derartige Adrenalinkicks bleiben aus, wenn man den persönlichen Bedarf ermittelt.
Dafür bieten sich automatische Rechner im Internet an, die aber wiederum einen Haken haben. Sie standardisieren oft den Strombedarf, beispielsweise für die Klimaanlage oder den Kühlschrank. Dabei provozieren die Leistung, Grösse und Bauart erhebliche Verbrauchsunterschiede.
Wenn fürs elektrische Kühlen beispielsweise Absorber-Technik ins Spiel kommt, darf man sich freuen, wenn die Stromkosten am Campingplatz pauschal abgerechnet werden. Wer die gleiche Kühltechnik mit Gas als Energiequelle kombiniert, muss gar keinen Strom einkalkulieren. Automatisierte Rechnungen liefern somit auch nur vage Ergebnisse, mit denen man an Regentagen schnell im Dunkeln steht.
Profi-Tipp 1: Nichts geht über die individuelle Bedarfsrechnung!
Auf der Sonnenseite landen Camper, die ihren eigenen Stromverbrauch im Wohnmobil sorgfältig berechnen. Zuerst werden sämtliche Geräte und Einbauten von der Beleuchtung über den Fernseher bis zum Wechselrichter notiert, die Strom benötigen. Danach vermerkt man, wie oft oder für wie viele Stunden die Stromverbraucher täglich im Einsatz sind.
Auf jedem elektrischen Produkt oder dessen Gebrauchsanweisung ist die Watt-Zahl vermerkt. Multipliziert man sie mit den Betriebsstunden, steht der Stromverbrauch in Wattstunden fest. Dieses Ergebnis teilt man durch die Betriebsspannung der Wohnmobil-Batterie, die gewöhnlich 12 Volt beträgt. Danach kennt man dem Verbrauchswert in Amperestunden, der fürs Kalkulieren praktisch ist. Denn für die Kapazitätsangaben von Batterien oder Powerstations ist dieselbe Einheit gebräuchlich.
Die Fleissarbeit zahlt sich doppelt aus. Danach steht ein durchschnittlicher Stromverbrauch für das Wohnmobil fest, der aussagekräftig ist und in einer optimal dimensionierten Anlage mündet. Zudem entlarvt die detaillierte Kalkulation alle heimlichen Stromfresser und liefert somit Ideen, wie man die Stromkosten ohne nennenswerte Kompromisse beim Komfort verringern kann- zum Beispiel:
Kühldimensionen checken!
Damit frische Zutaten fürs Kochen nicht verderben, gehört der Kühlschrank zur Grundausstattung. Er verbraucht einiges an Energie, serviert aber trotzdem viele Möglichkeiten, um den Stromverbrauch im Wohnmobil zu reduzieren. Es ist bekannt, dass elektrische Absorber-Modelle geradezu verschwenderisch sind. Das nächste Detail überrascht aber viele Laien: Überdimensionierte Kühlgeräte schlucken nicht nur wegen ihrer Grösse mehr. Sie benötigen noch mehr Strom, wenn das Innere nicht komplett gefüllt, sondern halbleer ist. So liesse sich beispielsweise der Strombedarf fürs Kühlen mehr als halbieren, indem man auf einen Kompressorkühlschrank umsteigt und das Fassungsvermögen von 90 auf 50 Liter reduziert.
Profi-Tipp 2: Strom sparen fürs Freiheitsgefühl
40 Zoll-Smart-TV, Kühleinheit mit gigantischem Gefrierfach oder Ambiente-Beleuchtung mit unzähligen Lämpchen: Inzwischen erfüllen Hersteller fast jeden Wunsch bei der Wohnmobilausstattung. Wechselrichter ermöglichen darüber hinaus, dass man beim autarken Campen auf liebgewonnene 230V-Elektrogeräte wie den Staubsauger oder die Espressomaschine nicht verzichten muss.
Der Reigen der Möglichkeiten verführt dazu, sich zu verzetteln und das Camping unnötig zu erschweren. Denn mit jedem elektrischen Upgrade wird es komplizierter, mit einer handelsüblichen Anlage für Strom zu sorgen. Auf der Strecke bleibt dabei das Freiheitsgefühl, das ursprünglich zum Campingurlaub bewog.
Minimalistisch macht Spass!
Buch statt Fernseher, Petroleumlampe statt Festbeleuchtung oder Espressokocher statt Kaffee-Pad-Maschine: Oft genügen kleine Korrekturen bei den Gewohnheiten, damit man stromsparend unterwegs ist und mit einer kleinen Anlage tagelang autonom campen kann.
Profi-Tipp 3: Stromquellen clever kombinieren
Erst nach der Ankunft wird klar, wie schön die idyllische Bucht ist und dass man dort wild campen darf. Wer solche Gelegenheiten spontan auskosten möchte, hat für die Stromversorgung einige Asse im Ärmel. Fahrzeug-Batterien sind anders aufgebaut als Wohnmobil-Batterien, weil sie unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Eine direkte Zweckentfremdung ist deshalb nicht ratsam. Schaltet man geeignete Batterie-Ladegeräte zwischen, können sie trotzdem zur Wohnmobilversorgung beitragen und beispielsweise während einer längeren Fahrt ins Blaue den Stromvorrat im Camper auffüllen.
Teure Pauschalen nutzbar machen!
Viele Campingplätze veranschlagen auch dann hohe Pauschalen für die Stromkosten, wenn man das Wohnmobil energiesparend ausgestattet hat. Guten Gewissens kann man deshalb Zwischenstopps dafür nutzen, einige Stromreserven zu hamstern. Dafür bieten sich Powerstations an, die mitunter beachtliche Kapazitäten haben und als zusätzliche Energiespender dienen – zum Beispiel für die Ladegeräte von Smartphones, Tablets und Notebooks.
Energie speicherbar machen!
Dadurch kann sich die Wohnmobil-Batterie auf wichtige Bedürfnisse wie die Lebensmittelkühlung fokussieren. Diesen Job meistert sie in Kombination mit einer guten Photovoltaik-Anlage über lange Zeiträume autark, wenn man in sonnigen Gefilden unterwegs ist und den Campingalltag grundsätzlich stromsparend angeht. Wer die Ausstattung clever zusammenstellt, kann überschüssige Solarenergie auch in Powerstations bunkern. Darüber freut man sich, wenn der Batteriecomputer an Regentagen einen niedrigen Füllstand meldet. Denn gerade bei schlechtem Wetter möchte man keinen Strom sparen, sondern ausgiebig vor dem Fernseher entspannen oder mit dem Laptop die nächsten Campingausflüge planen.